Freitag, 5. Juni 2009

Versicherungsforderung Höchstsumme in Deutschland

Vor dem Hamburger Landgericht beginnt in der kommenden Woche ein Prozess um die höchste Schadenersatzsumme für ein Unfallopfer, die je in Deutschland eingeklagt worden ist: 7,2 Millionen Euro fordert eine 23 Jahre alte Frau von der Generali-Versicherung. Sie ist seit einem Autounfall im Jahr 2004 schwerstbehindert und braucht 24 Stunden Betreuung am Tag. „Die Summe ist sorgfältig berechnet, und wir sind zuversichtlich, den Betrag durchsetzen zu können“, sagt ihr Fachanwalt für Versicherungsrecht, Jürgen Hennemann aus Buchholz. Prozessbeginn ist am Donnerstag, 11. Juni. Die Versicherung weist die Forderung zurück. Die junge Frau aus Niedersachsen war 2004 mit ihrem Mann und ihrem kleinen Sohn auf Urlaubsreise nach Italien. Bei 110 Stundenkilometern verlor ihr Mann auf der Brenner-Autobahn die Kontrolle über den Wagen, ein Lastwagen habe ihn ausgebremst, sagte er später aus.Der Wagen raste in die Leitplanke, seine Frau Sarah und das neun Monate alte Baby wurden aus dem Wagen geschleudert. Ihr Mann brach sich mehrere Knochen, ein Ohr wurde abgerissen. Das Baby blieb unverletzt.Am schlimmsten erwischte es die junge Mutter: Hirnverletzung, Lungenquetschung, Unterschenkelbruch. Auch nach vielen Operationen und Therapien kann sie nicht mehr allein laufen, essen oder das Badezimmer benutzen, sie ist geistig behindert. Betreut wird die junge Frau von ihrer 56 Jahre alten Mutter in einer nicht behindertengerechten Wohnung. Ihr Mann lebt nicht mehr mit ihr zusammen.Die Haftpflichtversicherung des Unfallwagens kam von der Volksfürsorge-Versicherung, mittlerweile fusioniert mit der Generali. Sie zahlte nach eigenen Angaben bisher 400.000 Euro etwa für Schmerzensgeld, Behandlungskosten, Pflege. Zudem zahlt die Versicherung monatlich gut 4.000 Euro. Die Versicherung bietet im Rahmen einer „pauschalen Restentschädigungssumme im Wege einer Generalabfindung“ eine Million Euro.Anwalt Hennemann aber fordert 7,2 Millionen Euro. „Es geht im Wesentlichen um drei Komponenten: Schmerzensgeld, Therapiekosten und die Pflege“, sagt er. Den größten Batzen der Forderung macht die Pflege aus: Bei 24-Stunden-Pflege zum aktuellen Stundensatz von 33 Euro sind das pro Jahr fast 300.000 Euro, für die nächsten 50 Jahre kommt schnell der Millionenbetrag zusammen.Die Versicherung lehnt die Forderung ab. „Grundsätzlich hat die Generali erhebliche Bedenken gegen die Kapitalisierung von Pflegekosten und Behandlungskosten. Denn dadurch läuft die Geschädigte Gefahr, die notwendigen Aufwendungen wegen eines durchaus möglichen Kapitalverzehrs und nicht absehbarer Kostensteigerungen nicht bis an ihr Lebensende bestreiten zu können“, sagt Firmensprecher Wolfgang Leix. Oder anders ausgedrückt: Falls die Abfindung vor dem Tod von Sarah aufgebraucht wäre, stünde sie ohne Versorgung da, meint die Versicherung.Hennemann sieht aber gute Chancen, diesen für deutsche Verhältnisse ungewohnt hohen Betrag durchzusetzen: Das Landgericht habe einen Antrag auf Prozesskostenhilfe für Sarah akzeptiert. „Das bedeutet, das Gericht sieht Aussichten auf einen Erfolg für Sarahs Anliegen“, sagt Hennemann. Dieselben Richter, die über die Prozesskostenhilfe entschieden haben, führen auch den Prozess.Unabhängige Juristen warnen jedoch: Die positive Entscheidung für Prozesskostenhilfe sei keine Vorfestlegung des Gerichtes, schon gar nicht über die Höhe einer eventuellen Abfindungssumme.Hennemann rechnet mit scharfen Angriffen der Versicherung: „Es wird etwa behauptet, Sarah sei nicht angeschnallt gewesen. Das stimmt aber nicht.“ Und selbst für den Fall, dass die Versicherung an dieser Stelle eine Mitschuld durchsetzen könnte, würde die Summe laut Hennemann nur um 20 Prozent gemindert. Die Generali beruft sich auf den Ehemann, der gesagt haben solle, sie sei nicht angeschnallt gewesen.

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